Demokratie und Toleranz – nur für Ausgewählte?

Demokratie und Toleranz – nur für Ausgewählte?

Eine Kolumne von Christian Dörhöfer


Am Samstag besuchte ich eine Kundgebung auf dem Herzogenplatz in Uelzen. Das Motto der Kundgebung lautete „Zusammenstehen für Demokratie und Toleranz“ und „Es ist 5 vor 12“.
Beworben wurde die Veranstaltung unter anderem auf dem Facebook-Account der Hansestadt Uelzen mit dem Hinweis auf den Veranstalter „Uelzener Bündnis für Demokratie und Toleranz“, versehen mit dem Hashtag #wirsindmehr . Unter diesem Aufruf kam es bereits zu kritischen Nachfragen in Bezug auf die Neutralität der Verwaltung. Die Antwort der Hansestadt dazu lautete: „…stellt in keiner Weise eine Parteinahme oder ein Abweichen von unserer Verpflichtung zur Neutralität dar“ und „.…Es geht vielmehr darum, für die grundlegenden Werte einzustehen, auf denen unsere Gemeinschaft basiert.“ https://www.facebook.com/photo/?fbid=700249105619441&set=a.388604316783923

Ein Grund mehr, sich dort mit einzufinden.

Etwa 1000 Menschen kamen zusammen, allerlei Schilder mit Parolen „gegen Rechts“, wie z.B. „Nazis töten” und insbesondere gegen die AfD wurden hochgehalten, umrahmt von Regenbogenflaggen, Gewerkschaftsflaggen, Flaggen der Antifa, der SPD und Fridays for future. Das Programm bot u.a. Redebeiträge des Bürgermeisters und des Landrates sowie musikalische Beiträge einer Sängerin und einer hiesigen Musikschule. Grundsätzlich eine gute Mischung, wäre denn der beworbene Titel der Demo auch so verstanden worden.

Die Redner hatten inhaltlich wenig zu bieten, außer gegen die politische Opposition zu wettern. Grundlage für den Inhalt war hier die mit eher fragwürdigen Mitteln durchgeführte Recherche, so man sie so nennen mag, des Netzwerkes Correctiv, welches ja im hohen Maße aus Steuern finanziert wird, über ein angebliches Geheimtreffen zum Thema Remigration, an welchem neben diversen anderen Gästen auch Unions- und AfD-Politiker als Privatpersonen teilnahmen. Faktisch wurden bei dem Treffen aber nur Ideen zur Umsetzung deutscher Gesetze besprochen. Kein Wort von irgendwelchen Deportationsfantasien oder etwas, worüber sich Migranten mit klarem Aufenthaltsstatus oder Deutsche mit Migrationshintergrund überhaupt Sorgen machen müssten.

Dass die angeblich getätigten Aussagen bei diesem Treffen mittlerweile vielfach als unbewiesen enttarnt wurden, war wohl nicht so interessant. Die Propaganda, welche aktuell landauf landab durch das politisch-mediale Establishment transportiert wird, bietet eine gute Gelegenheit, sich erneut im Hass auf Andersdenkende zu sonnen und gratismutig „ein Zeichen zu setzen“. Für was eigentlich? Dass man demokratische Prozesse ablehnt und Toleranz nur in der eigenen Filterblase der hörigen Tagesschauintensivkonsumenten gilt?

Nun war ich angesichts der schon bekannten Redner gekommen, um mir anzuhören, was diese zu sagen hatten. Denn immerhin werde ich sowohl als Mitglied des Stadtrates als auch des Kreistages damit adressiert und machte mir Gedanken, wie wohl die Zusammenarbeit in diesen Vertretungen in Zukunft aussehen wird. Auch wenn wir als Mitglieder des Rates der Neutralität verpflichtet sind, hinterlässt das Erlebte doch einen faden Nachgeschmack. Steht dieser Bürgermeister wirklich hinter allen Bürgern dieser Stadt?

Schon nach kurzer Zeit tauchten einige sogenannte „Antifaschisten“ getarnt als Ordner auf und wollten mich zum Verlassen der Veranstaltung nötigen. Erst mit dem Verweis auf ihr „Hausrecht“, weil meine Anwesenheit provozieren würde. Anschließend hagelte es wüste Beleidigungen und als auch das nicht half wurde es rustikal. Allen voran selbstverständlich Olaf Meyer, einschlägig bekannt als wahrer Musterdemokrat, dem offensichtlich jedes Mittel recht ist, um Menschen einzuschüchtern, die sich nicht in die Einheitsmeinung einfügen wollen. Als friedlich teilnehmende Einzelperson, die dort ohne jegliche Parteikennzeichen für die oben genannten Werte im Sinne eines Minimalkonsens in einer offenen Gesellschaft stand, lehnte ich es selbstverständlich ab, die Versammlung zu verlassen. Es gab daraufhin einige unschöne Szenen, die alles andere als friedlich waren und als direkte, mehrfache körperliche Bedrohung gegen mich einzustufen waren. Man untersagte mir auch, Fotos der Versammlung zu machen, was ebenfalls rechtlich bedenklich ist, da es sich um eine angemeldete Demo im öffentlichen Raum handelte. Bei den übrigen Teilnehmern hatte niemand etwas dagegen, dass Fotos gemacht wurden, denn auch von mir wurden im Nachgang Etliche veröffentlicht. Und auch besagte Antifa-Leute sind in der Regel ganz vorne mit dabei, mittels Fotos mit Namensnennung unliebsame Personen im Netz bloßzustellen.

Die hinzukommende Polizei bat mich daraufhin in einem kurzen Gespräch ebenfalls, das fotografieren zu unterlassen und ermöglichte mir im Anschluss die Teilnahme am Rande, geschützt vor dem gewaltbereiten Mob durch 4 Polizisten. Den Reden konnte ich indes nicht mehr folgen, da einer der mutmaßlichen Antifa-Akteure fortlaufend direkt vor mir in seine Trillerpfeife blies, während Weitere mich hinter ihren mitgebrachten Schildern „abschirmten“, um mir die Sicht zu nehmen.

Die AZ berichtete indes von einer friedlichen Versammlung und wählte bei der veröffentlichten Bilderstrecke offensichtlich gut aus, was man davon lieber nicht sehen sollte.

Es sei hier daran erinnert: Eine Demokratie hält unterschiedliche Meinungen aus und schließt auch Andersdenkende nicht aus.

Schlussendlich möchte ich jeden Teilnehmer dazu anregen, sich Gedanken zu machen, wie man unter dem Motto der Demo eigentlich miteinander umgeht. Braucht es Gewalt? Müssen friedliche Einzelpersonen ausgeschlossen werden? Muss man sich als Faschist und Nazi beschimpfen lassen, weil einer Partei unbewiesene Dinge angedichtet werden? Selbst wenn diese bewiesen wären, sind wir von Sippenhaft und Kollektivschuld doch hoffentlich weit entfernt. Und ob die Demokratie tatsächlich von Privatgesprächen über unbequeme Wahrheiten bedroht wird, ist doch sehr fraglich. Mir fallen da etliche Bedrohungen der Demokratie und der inneren Sicherheit ein, die nun so gar nicht dem Umfeld der AfD zugeordnet werden können.

Solche Vorgänge erinnern doch arg an Zeiten, die wir nie wieder haben wollten. Man kann nur davor warnen, sich mit solchen Methoden zu solidarisieren oder sie schweigend hinzunehmen. Ebenso erscheint mir das sogenannte „Uelzener Bündnis für Demokratie und Toleranz“ doch sehr bedenklich. Dass sich eine einstige Arbeiterpartei gegen ihre künftige Bedeutungslosigkeit wehrt ist vielleicht noch verständlich  – wobei man es auch einfach mit guter Politik für die Bürger versuchen könnte anstatt, ganz offiziell, gemeinsame Sache mit der linksextremen Antifa zu machen. Wenn sich aber beispielsweise der Kirchenkreis als Bündnispartner mit solchen Vorgängen unwidersprochen anfreunden kann muss die Frage erlaubt sein, welche Werte diese Kirche eigentlich vertritt. Besonders erschreckend ist aber auch, dass seitens der Hansestadt Uelzen keinerlei Distanzierung zu den aggressiven Antifa-Ordnern geschieht. Das sollte mindestens zu denken geben, vor allem wenn diese Veranstaltung im Vorfeld durch die Hansestadt beworben wurde.

Ein friedliches Miteinander oder gar der Austausch von Meinungen in einem offenen Diskurs erscheint in unserer Gesellschaft mittlerweile weder gewollt noch möglich. Und an diesem Zustand trägt nicht die AfD die Schuld, sondern jeder, der sich nicht gegen diesen – mittlerweile offenen – Faschismus von Links stellt. Eine sehr besorgniserregende Entwicklung. Aus meiner Sicht ist es hier bereits 5 nach 12. Leute, die in dem Kontext Dinge wie „Ihr könnt jetzt sehen, was ihr 1933 gemacht hättet“ kundtun, argumentieren nicht nur sehr geschichtsverharmlosend, sondern ignorieren völlig den Umstand, dass sie aktuell die Mitläufer sind.